Cäsar Bürgi vom Hof Silberdistel in Holderbank SO hat den ersten vollmobilen Schweinestall gebaut. Mit seiner Familie bewirtschaftet er den Hof nach Demeter-Richtlinien und mehr. Bürgi ist vom Prinzip der Rotationsweide überzeugt.
Jasmine Baumann / SUISSETIER / Die Grüne und BauernZeitung | November 2019
Die Sonnenblumen im Gemüsefeld des Silberdistel-Hofs in Holderbank SO bewegen sich. Und zack, fällt eine um. Darunter ist eine bunt gemischte Gruppe von Schweinen am Werk. Es sind Bunte Distelschweine.
Anhängen und wegfahren
Etwa alle zwei Wochen ziehen die Distelschweine, mitsamt ihrem Zuhause, auf eine neue Weide. Sie wohnen nämlich in ihrem eigenen «Sau-Karawan». Cäsar Bürgi, der Betriebsleiter des Hofs hat diesen, selber gebaut. «Eine Erfindung der Abteilung Silberdistel Solutions», erklärt Bürgi mit einem Schmunzeln. Auf einer Stahlkonstruktion sind Liegeplatz, Futterstation, Tränke, Futter- und Wasserlager und sogar eine Suhle montiert. Das ist der SauKarawan. Das 4,5 Tonnen schwere Konstrukt hat hinten zwei Räder und vorne eine Deichsel, die an der Dreipunkthydraulik des Traktors angehängt werden kann. So kann man die Schweine und ihren Camper innert kurzer Zeit zügeln. Ein Freund hat Cäsar Bürgi beim Bau des vollmobilen Schweinestalls geholfen. Und wie lange dauerte es, bis der Stall fertig war? Bürgi sagt: «Wären wir eine Woche lang voll dran gewesen, hätten wir es geschafft.» Jedoch könne man bei so einem Projekt in der Praxis nicht einmal anfangen und es dann gleich durchziehen. So dauerte es dann doch drei Wochen, bis alles geschweisst, geschraubt und angemalt war. Folgendes Material haben die beiden benötigt: Eisen, Farbe, Iglu, Betonroste, Futterautomat, Gitterabschrankungen, Paloxe, Wassertank, Tränke. Insgesamt hat der Sau-Karawan 6000 Franken gekostet.
Zügeln als Grundphilosophie
Cäsar Bürgi hat seinen Sau-Karawan, auch wenn er einen Namen hat, nicht patentieren lassen. Er sei jetzt Open Hardware. Das ist ein Produkt, das nach freien Bauplänen hergestellt wurde. «Jeder kann mit seinem Meter vorbeikommen und den Schweinestall zu Hause selber nachbauen», sagt der Betriebsleiter. Es seien bereits verschiedene Interessenten vorbeigekommen, zum Teil sogar aus Österreich und Deutschland. «Aber ich habe diesen Schweinestall ja nicht gebaut, weil ich ihn verkaufen möchte», stellt Bürgi klar. «Ich habe ihn für mich, für die Schweine und für den Boden gebaut, entstanden aus einem Bedürfnis.» Dem Bedürfnis nach einem Schweinestall, den man gut zügeln kann. Das Zügeln ist auf dem Hof Silberdistel quasi die Grundphilosophie. Als biologisch-dynamisch wirtschaftender Landwirt ist Cäsar Bürgi fasziniert vom Prinzip der Rotationsweide. In diesem System verbringen Tiere immer nur ein paar Tage in einer Weide, danach geht es weiter. In Bürgis Rotationssystem sind auch die Pferde, Ziegen, Red-Angus-Rinder, Legehennen und Gemüseanbauflächen einbezogen. In der Schweineweide waren also vorher wahrscheinlich die Pferde oder andere Tiere. Danach werden die aufgewühlten Ecken frisch angesät. Es gibt keine strikte Abfolge, was nach was kommt. Vor dem mobilen Schweinestall hatte die «Silberdistel» bereits einen mobilen Hühnerstall. So kam Bürgi vor etwa vier Jahren auf die Idee, auch die Schweine in dieses Rotationsweidesystem einzubringen.
Name ist Marketing
Cäsar Bürgi erzählt, er habe sich überall nach einer existierenden Lösung umgeschaut, aber nichts gefunden. Jedenfalls nichts, was so schnell gezügelt werden kann. Und so begann er eben selber, einen vollmobilen Schweinestall zu planen. «Wir haben unsere Erfahrungen in der Schweinehaltung miteinbezogen. Wie liegen Schweine, wo scheissen sie hin, usw. Dann haben wir ihn gebaut», sagt Bürgi. Und wie kam der Tüftler auf den Namen Sau-Karawan? «Ein Karawan ist eine komplette Wohneinheit. Da kann man schlafen, essen und chillen drauf», erklärt Bürgi. Zudem sei ihm bewusst gewesen, dass seine Erfindung früher oder später öffentlich bekannt würde. «Daher war es wichtig, dass das Ding einen Namen hat, damit dann niemand vom ‚Gebastel von Bürgi‘ redet.» Dies sei auch ein wenig Marketing für seinen Betrieb.
Ausschliesslich Direktverkauf
Und Marketing ist für die «Silberdistel» wichtig. Denn der Betrieb verkauft seine Produkte ausschliesslich direkt. «Wir haben uns von Anfang an gesagt, kein Tier geht in den Schlachtviehhandel», erzählt Cäsar Bürgi. So sei besonders in der Anfangszeit der Druck gross gewesen, Käufer zu finden für sein Fleisch. Die Silberdistel-Produkte, also Rindfleisch, Schweinefleisch, Eier, Bruderhähne, Gemüse und mehr werden direkt ab Hof verkauft. Zudem nimmt ein Marktfahrer sie zum Wochenmarkt in Solothurn mit. Als Verfechter der «Nose to Tail»-Philosophie versucht Bürgi, so gut wie möglich, alle essbaren Teile seiner Tiere zu verkaufen. «Ich gebe sie mit an den Markt und sage, hey probier doch mal». Man müsse bei den Konsumenten die kulinarische Neugier wecken. Von Haus aus haben die Bürgis mit ihrem Partnerbetrieb auf dem Probstenberg alles ausprobiert und sogar einen Blog dazu geschrieben. Dazu lassen sie sich auch gerne von der Kochkunst in anderen Ländern der Welt inspirieren.
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Weitere Informationen: www.silberdistel-kost.ch