Familie Monika und Toni Stalder aus Sempach Station LU ist etwas noch nie Dagewesenes gelungen: In ihrem Stall steht eine Kuhfamilie mit sieben Generationen. «Da auf dem Betrieb kein gesextes Sperma eigesetzt werden darf, ist diese Leistung umso beachtlicher», hält Braunvieh Schweiz fest.

Livio Janett | BauernZeitung, 19. Nov. 2021

Zwei stolze Familien (v. r. n. l.): Monika Stalder mit Stammkuh Juta, Annina und Salomea Stalder mit Wendi und Corina, Mitarbeiter Thomas Betschart mit Heike, Aurelian Stalder mit Weka, Toni Stalder mit Viva und Mitarbeiter Francisco Köhler mit Ona.

«Manchmal bin ich fast selber verblüfft, dass unsere Kühe so lange leben und so gut wachsen», meint Toni Stalder schmunzelnd. Dem Demeter-Landwirt und seiner Familie ist heuer etwas bisher noch nie Dagewesenes gelungen: Sage und schreibe sieben Braunvieh-Generationen einer einzigen Familie stehen in ihrem Stall im luzernischen Sempach.

Faktoren für langes Leben

«Damit Kühe lange leben, müssen verschiedene Dinge stimmen. Entscheidend sind die Genetik und die Ernährung, aber auch die Haltung – und ein Quäntchen Glück», betont Toni Stalder. Und er fügt an, dass die Balance zwischen Leistung und Leben stimmen müsse, «wie bei uns Menschen auch.»

Gemeinsam mit seiner Frau Monika und seinen drei Kindern führt Stalder den vielseitigen Demeter-Biohof Trutigen in Sempach. Stalders halten Braunviehkühe; in ihrem Stall stehen 40 Tiere, allesamt behornt. Unter den Kühen findet sich auch Juso BV Juta, die 1999 geborene Stammkuh einer stolzen Kuhfamilie mit insgesamt sieben Generationen.

Die Sieben-Generationen-Kuhfamilie 

      1. Die Kuhfamilie beginnt mit der Stammkuh Juso BV Juta. Die 22,5 Jahre alte Kuh hat in 16 Laktationen 18 Kälber auf die Welt gebracht. Sie steht aktuell bei einer Lebensleistung von 116’980 kg. Es folgen
      2. Waldo OB Wendi. Die 17,5 Jahre alte Kuh hat in 12 Laktationen 88’957 kg Milch geleistet.
      3. die 15-jährige Carlo BV Corina (11. Laktation, 73’783 kg, 90 ZZ)
      4. Held-NHB OB Heike (7. Laktation, 46’904 kg, 33 ZZ)
      5. die knapp 6-jährige William OB Weka (3. Laktation, 18’543 kg 43 ZZ)
      6. und Vito OB Viva, die in der ersten Laktation steht.
      7. Das jüngste Generationenmitglied, Oberst OB Ona, wurde im August 2021 geboren.

Aus der Stammkuh Juta lebt noch eine 6-Generationen-Familie. Die zweite Tochter, 16,5 Jahre alte Carlo BV Chiara, hat in 14 Laktationen bis jetzt eine Lebensleistung von 100’142 kg erzielt.

Die Kuh steht im Zentrum

Die Kuh nehme auf dem Biohof Trutigen eine zentrale Stellung ein, betont Toni Stalder. Er und seine Familie betreuten ihre Kühe intensiv: «Die Nähe zum Tier ist uns wichtig. Die Betreuung bedeutet zwar einen hohen Zeit- und Arbeitsaufwand, sorgt aber im Laufstall für die nötige Ruhe und Ordnung unter den behornten Kühen. So haben wir eigentlich nie Probleme.»

Familie Stalder füttert ihren Tieren nur betriebseigenes Futter und achtet dem Demeter-Prinzip gemäss auf geschlossene Kreisläufe. Toni Stalder ist überzeugt von diesem Ansatz: «Der Boden ist immer die Basis allen Erfolgs. Die Tiere fressen im Sommer Gras und Heu von unseren Wiesen, im Winter reichern wir die Ration mit Gras- und Maiswürfeln an. So stellen sich die Tiere mit der Zeit auf die ihnen zur Verfügung gestellten Pflanzen ein – und umgekehrt. Dadurch sind unsere Kühe nicht nur gesund und langlebig, sondern auch bis ins hohe Alter sehr produktiv.» Kraftfutter komme auf dem Biohof Trutigen nicht zum Einsatz, betont Stalder: «Zu viel Kraftfutter kann zu Übersäuerungen führen, was sich wiederum negativ auf die Lebensdauer der Tiere auswirken kann.»

Gezielte Zucht

Bei der Nachzucht setzt Toni Stalder auf langlebige Original-Braunvieh-Genetik. Die liefert ihm ein Muni, den er in der Herde mitlaufen lässt, denn gesextes Sperma darf in der Demeter-Produktion nicht zum Einsatz kommen. Seine Stiere bringe er möglichst früh auf den Betrieb, sagt Stalder. «Der Muni muss sich frühzeitig an den Betrieb, die Herde und an mich gewöhnen, damit es später nicht zu Problemen kommt. Bislang hat das mit allen unseren Stieren sehr gut funktioniert.» Junge Stiere beziehe er jeweils von Züchtern, die nach ähnlichen Prinzipien arbeiten wie sie selber, fährt Stalder fort. Zur Blutauffrischung setze er manchmal aber auch auf künstliche Besamung. «Das ist zwischendurch ein Vorteil, denn bei getesteten Stieren weiss man etwas genauer Bescheid», erklärt er.

Immer grosse Kälber

Auf die Frage, ob es denn mit seinen Kühen auch einmal heikle Momente gebe, überlegt Toni Stalder einen Moment. Die Geburten verliefen eigentlich immer problemlos, nur selten sei ein wenig Hilfe nötig, sagt er dann bedächtig.

Ein Erlebnis mit der Stammkuh Juso BV Juta ist ihm aber in Erinnerung geblieben: «Unsere Juta hat stets sehr grosse Kälber zur Welt gebracht. Deswegen fiel es einmal auch nicht auf, als sie mit Zwillingen trächtig war. Als das erste Kalb zur Welt kam, haben wir das zweite nicht bemerkt. Umso überraschter waren wir, als sie 24 Stunden später ein zweites gesundes Kalb zur Welt brachte.»

Begehrte Produkte

Die Milch seiner Kühe sei stets von sehr guter Qualität, berichtet Toni Stalder. Deswegen könne man sie problemlos zu Demeter-Rohmilchkäse verarbeiten. Demeter-Produkte seien gefragt, fährt Stalder fort.

Entsprechend gross ist das Sortiment, das die Familie im Direktverkauf anbietet. Auf dem Biohof Trutigen wird nämlich nicht nur Viehzucht betrieben: Die Familie hält Zweinutzungs-Hühner und baut Getreide, Kartoffeln, Saisongemüse und Früchte an – darunter finden sich sogar Kiwis. Mit diesen Produkten fahren die Familie und ihre vier Mitarbeiter(innen) regelmässig an die Wochenmärkte nach Sempach und Luzern.

Stalders Betriebsphilosophie und das darauf aufbauende Betriebskonzept scheinen also aufzugehen. «Ja, für uns stimmt das alles so», sagt der Landwirt lachend.

>> Bio-Hof Trutigen in Sempach Station

 

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