Anne-Claire Schott produziert Weine auf biodynamische Weise. Ab dem Jahrgang 2021 sind alle ihre Weine Demeter-zertifiziert. Die Naturweine kommen besonders gut bei der jüngeren Generation an.
Oliver Metzler | Schweizer Bauer, 12. Februar 2022
Die Internetseite von Anne-Claire Schott ist keine der üblichen Verkaufsplattformen. Eine Verlinkung auf Produkte, Preise oder die Verkaufsbedingungen gibt es nicht. Stattdessen lässt sie die Besucher auf künstlerische Art kontinuierlich mit der von Steinmauern geprägten Landschaft am Bielersee verschmelzen. Sie zeigt Fotos von Kunstobjekten und von den idyllischen Rebbergen, dann ein Video, auf dem Eulen und der Vollmond zu sehen sind und eine in Weiss gekleidete Frau, die in der nächtlichen Rebenlandschaft um ein Feuer tanzt. Auch ihre Herangehensweise an die Weinproduktion ist unkonventionell. 2016 hat Anne-Claire Schott das traditionelle Weingut ihres Vaters in Twann übernommen und auf Demeter umgestellt. Heute bewirtschaftet sie die 4,5 Hektaren nach biodynamischen Grundsätzen.
Biodynamischer Anbau
Mit dem neuen Jahrgang 2021 sind alle Schottweine Demeter-zertifiziert. Für Anne-Claire Schott war schon bei der Übernahme des Gutes klar, dass sie mit der Natur arbeiten und also auf jegliche synthetischen Mittel verzichten wollte. Sie entschloss sich also, ihren Betrieb nach den anthroposophischen Grundsätzen von Rudolf Steiner auszurichten, der in den 1920er-Jahren die Grundlage für den biodynamischen Landbau legte. Der Verzicht auf jegliche synthetischen Mittel, eine hohe Biodiversität und die Arbeit nach dem Mondkalender stehen hier im Vordergrund. Die Ernte erfolgt ausschliesslich von Hand. Für die Vinifikation speziell ist, dass keine Reinzuchthefe hinzugefügt wird, dass die Gärung also spontan erfolgt. Kupfer und Schwefel werden nur sparsam eingesetzt. Für die Schweiz eher ungewöhnlich, gibt es in Frankreich Weingüter, die seit Jahrzehnten auf den biodynamischen Weinbau schwören.
Naturweine
Bei der Weinproduktion gibt es vier verschiedene Stile: konventionell, nach Bio- oder nach Demeter-Richtlinien und dann den Naturweinstil. Während beim Biowein die Zufügung von Hefe noch erlaubt ist, findet beim Demeterwein wie auch beim Naturwein die Gärung spontan statt. Zusätzlich werden hier aber auch keine Sulfite mehr eingesetzt, und auch die Filtration fällt weg. Ungefähr 30 % der Produktion von Schott sind Naturweine. Ihre Naturweinserie nennt sie «Aroma der Landschaft».
Anne-Claire Schott interessiert sich nicht für Chemie, Technik und Standards und kritisiert, dass in der Ausbildung diesen unkonventionellen Verfahrensweisen immer noch zu wenig Beachtung geschenkt werde. «Wenn man etwas produziert, soll das auch gehen, ohne die Erde zu vergiften», zeigt sich die 35-Jährige überzeugt. Sie geht aber auch ein grosses Produktionsrisiko ein. Spontan gegorene Trauben neigen dazu, einen zu säuerlichen Geschmack zu entwickeln. «Je weniger dem Gärungsprozess beigefügt wird, desto grösser ist das Risiko, dass der Geschmack kippt», erklärt die Önologin. Das Wagnis wird dann aber mit einem geschmacklich besseren und variantenreicheren Wein belohnt.
Neuer Verein
Anne-Claire Schott ist auch Mediensprecherin des im Januar 2021 neu gegründeten Vereins Schweizer Naturwein (de.vin-nature.ch). Dem Verein können alle biozertifizierten Betriebe beitreten, die mindestens einen Naturwein produzieren. Für die Produktion hat der Verein strenge Richtlinien entwickelt. Er pflegt zurzeit den Kontakt zu Sommeliers und Ausbildungsstätten und steht auch beratend zur Seite. Naturweine sind immer noch ein Nischenprodukt. «Doch sie sind zurzeit extrem angesagt», weiss Anne-Claire Schott.
Die grossen Naturweinmessen in Berlin, Paris oder New York richten ein Scheinwerferlicht auf dieses Getränk, das für die junge Generation «cool und funky» ist. Der Naturwein distanziert sich vom noblen und bourgeoisen Bild des konventionellen Weins und scheint eine Generation anzusprechen, die sich gegen die Nahrungsmittelindustrie und die schnelllebige Konsumgesellschaft auflehnt.