Zu Beginn unserer Reihe „Lizenznehmer im Gespräch“ haben wir unsere Fragen
Antonius Conte gestellt, der seit 20 Jahren sein Unternehmen „NaturKraftWerke“ betreibt, die „Schweizer Marke für Lebenskunst und Leibeswohl“. In all diesen Jahren wurde geforscht, entwickelt, kreiert – ein eindrückliches Sortiment ist entstanden, das Lebensmittel enthält, von denen die meisten Zeitgenossen wohl überhaupt nicht wissen, dass es sie gibt. Der Grossteil der Produkte trägt das Demeter-Label.

Antonius, was überzeugt Dich am Label Demeter?

Demeter macht man, weil man sich für das Leben interessiert. Neben der grossen Technikentwicklung der letzten Jahrzehnte hat Demeter eine zeitgerechte Alternative geschaffen, die auch für moderne Bauern attraktiv ist: kein Gift, sinnerfüllte Kreisläufe, Tierwohl und Pflanzenglück, eine fantastische Hofpraxis vom Kompost bis zur züchterischen Kreativität. Es gibt keine Einschränkungen: Die einen arbeiten mit Pferden, die anderen mit modernen Maschinen, Individualität ist möglich, jeder Hof hat seinen ganz eigenen Charakter. Aber fast immer trifft man auf enorme Fruchtbarkeit und robuste Gesundheit. Auch wird die freie Forschung unterstützt, die Landarbeit ja zu etwas Grossartigem macht und gerade jungen Leuten eine grandiose Perspektive bietet.
Und ein weiteres grosses Plus: Demeter hat über ein ganzes Jahrhundert in die Entwicklung der biologischen Pflanzenzüchtung und in den Schutz und die Bewahrung natürlicher Sorten investiert. Dabei ist ein riesiger Schatz an Wissen, Erfahrung und Anwendungskunst entstanden, der folgenden Generationen als Grundlage für eine nachhaltige Landwirtschaft dienen kann.

Was trägt bei „NaturKraftWerke“ das Demeter-Label?

Das Leinöl, das Leindotteröl, das Schwarzkümmelöl, das Olivenöl, ein grosses Sortiment von Süssgräsern, die Speisewicke, die Platterbse, das Waldstaudenkorn, die schwarze Gerste, das Leinsamenmehl, die Brombinen (getrocknete Brombeeren), der Dinkelkaffee und, und, und … Mit den Süssgräsern haben wir vor über 13 Jahren weltweit die ersten neuartigen Lebensmittel mit Demeter-Label geschaffen und die ersten Demeter Pflanzenpresslinge.
Unsere Produkte stammen von unterschiedlichen Demeter-Betrieben, zum Beispiel jenem der experimentierend-forschenden Landwirte, die einen pfluglosen Mischfruchtanbau betreiben, oder aus der Sekem-Initiative, die ein Wüstengebiet biodynamisch zu neuem Leben erweckt hat.

„NaturKraftWerke“ feiert sein 20-jähriges Bestehen. Was interessiert Dich als Künstler daran, ein Unternehmen zu führen?

Ich verstehe den Unternehmer als Künstler: Wie ein Autor erschafft er einen Kosmos, zieht Fäden und legt Wege, lässt werden, was vorher nicht war. Eine Bedingung ist die geistige und finanzielle Souveränität. Ich war nie auf der Jagd; meine Haltung ist seit je, aus dem Strom der Gegebenheiten zu nehmen, was schön ist, was mir gefällt, mich berührt.
Alles ergibt sich aus Kontakten, Begegnungen. Das ist mein Weg, ich kann nicht anders. Es muss Freude machen und einen Sinn ergeben, sonst lasse ich es lieber bleiben.
„NaturKraftWerke“ entstand aus meinem Fachwissen als Heilpraktiker und aus meinen intensiven Naturerfahrungen während der Jahre, in denen ich auf Rügen im Wald lebte. Ohne grosse Absicht wurde ich zum Lebensmittel-Unternehmer. Der eigentliche Auftraggeber dafür war für mich die Natur selber …

Spürst Du das wachsende Bewusstsein im Bezug auf Ernährung in Deinem Unternehmen?

Wir haben ja schon immer ausschliesslich vegane Produkte vertrieben, bevor nun dieser Hype daraus geworden ist. Ernährungslehren sind heute an Stelle der Religion getreten; das befremdet mich und hat in meinen Augen auch nichts mit „wachsendem Bewusstsein“ zu tun, eher mit einer unseligen Polarisierung, die mich in der Schärfe oft an den 30-jährigen Krieg erinnert. Ein interessantes Phänomen zeigt sich nun neuerdings bei strikten Veganern, die mich darauf ansprechen, dass sie eigentlich überhaupt keine Demeter-Produkte essen dürften, weil da tierische Präparate eingesetzt werden: Hornmist-, Hornkiesel-, Kuhfladenpräparate, dann die Hirschblase, das Kuhhorn … Mal sehen, wie lange der Regenwurm noch die Erde verkrümeln darf!

Gibt es bei Demeter Dinge, die für Dich problematisch sind?

Gerade bin ich in Italien bei der Umstellung eines Bio-Betriebs auf Demeter mit dabei. Die betreiben reinen Fruchtanbau, Oliven und Haselnüsse. Und Demeter schreibt zwingend einen Tierbestand pro Hektare Ackerland vor. Da bei Zukäufen oft Land automatisch als Ackerland eingeteilt ist, wird daraus abgeleitet, dass der Betrieb auch Ackerbau betreibt und Tiere braucht. Das ist für diesen Betrieb ein echtes Problem, die haben keine Erfahrung mit Tieren, die wollen keine Tiere halten – aber in Italien ist man da stur. (Übrigens sind die meisten unserer Demeter-Partner Vegetarier, und wenn sie Tiere halten, dann ist es Pensionsvieh, das nicht genutzt wird.)

Wer arbeitet bei Naturkraftwerke?

Wir sind insgesamt 15, alle arbeiten Teilzeit, die meisten haben Kinder und müssen eine Familie managen. Wir haben ein Produktionsteam mit einem Produktionsleiter und ein Vertriebsteam mit einem Vertriebsleiter. Neu ist, dass wir das Stellvertreterprinzip eingeführt haben: Jeder kann durch jemand anderes vertreten werden, man darf also auch einmal krank werden oder unbeschwert in die Ferien gehen. Das verringert den Druck. Und nun wird Selbstmanagement ein Thema.
Jeder Mensch ist bei uns sehr wichtig, man kann sich entwickeln; aber dennoch hängt alles davon ab, ob das Team gut zusammenspielt.
Der letzte Teil unseres Firmenmottos „Gesunder Boden – Gesunde Pflanzen – Gesunde Lebensmittel – Gesunde Menschen“ bezieht sich nicht nur auf unsere Kunden, sondern auch auf unsere Partner und das NaturKraftWerke-Team selbst. Ich strebe das situative Glück meiner Mitarbeiter an. Sie sollen gerne hier arbeiten. Und das klappt auch meistens ganz gut. Zwei Bücher zum Thema Unternehmensführung inspirieren mich momentan: „Reinventing Organizations“ von Frederic Laloux und „Das anständige Unternehmen“ von Reinhard K. Sprenger.

Was würdest du dem Konsumenten antworten, wenn er einige deiner Produkte zu teuer findet?

Wir verarbeiten Demeterprodukte, arbeiten mit alten Sorten, und mehrheitlich stammen die Produkte aus pfluglosem Mischfruchtanbau. Da steckt unheimlich viel Handarbeit dahinter, viel Arbeit, die von Menschen gemacht wird. Zudem ergeben die ursprünglichen, nicht gepushten Sorten kleinere Ernten – und da kleinere Mengen verarbeitet werden, gibt es zum Beispiel in der Mühle mehr Verlust beim ganzen Prozess der Reinigung. Auch sind wir grundsätzlich radikal und kompromisslos, was Qualität angeht.
Man kann es aber auch von einem ganz anderen Standpunkt aus betrachten: Die Lebensmittel sind heute viel zu günstig, da die Behebung der Jahrhunderschäden an der Natur nicht mitberechnet werden. Und die konventionelle und teilweise auch die biologische Landwirtschaft verursachen hier horrende Kosten – die schliesslich der Steuerzahler übernehmen muss. Unsere Produkte sind ehrliche Produkte.

Wenn Du Dein Unternehmen beurteilen müsstest, wie der Bauer seinen Boden, was würdest Du feststellen? Ist es im Gleichgewicht? Fehlt ihm etwas?

Ja, es fehlt ihm etwas, und das hat mit dem Thema Führung zu tun. Der Betrieb ist nicht autoritär geführt, und trotzdem kann man nicht machen, was man will. Ich selbst habe eine Autoritätsphobie … Und deshalb brauche ich Menschen für die Kaderpositionen, die führen können, aber ohne ihre Macht zu missbrauchen.

Zum Schluss hast Du einen Wunsch frei.

Ich wünsche mir mehr Künstler- und Forscherlandwirte in der Schweiz, die mit uns zusammenarbeiten wollen. Wer nur Dinkel und Milch macht, kann abends getrost fernsehen …
Ich wünsche mir spannendere Sachen im elementaren Bereich, bei den Basics. Da gibt es zum Beispiel die Platterbse oder die Speisewicke, beide kulinarisch höchststehend, phantastisch, mit einem feinen, runden Geschmack. Das alles war Teil der Ernährung unserer Vorfahren, aber durch die Kriege haben wir so vieles liegenlassen. Heute wird aus ein paar wenigen Basics ein überbordendes Sortiment im Convenience-Bereich erzeugt. Mich interessiert die Vielfalt der Grundprodukte. Hier in der Schweiz gibt es gerade einen einzigen, noch ganz jungen kreativen Bauern, mit dem wir im Austausch sind. Bestimmt gibt es mehr davon.

Vielen Dank, Antonius Conte, für das interessante Gespräch. Wir wünschen Glück zum Jubiläum und alles Gute für die kommenden Entwicklungen.

Zur Webseite  von NaturKraftWerke