Demeter-Wiederkäuer behalten ihre Hörner

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    Kühe und Ziegen haben Hörner: Die Richtlinien für biologisch-dynamische Landwirtschaft verbieten die Enthornung und die Züchtung genetisch hornloser Tiere

  • Hörner sind wichtige Organe für Wiederkäuer: Biodynamische Bauern und Bäuerinnen wahren die Integrität der horntragenden Kühe und Ziegen
  • Für Kühe und Ziegen sind Hörner Ausdruck ihrer Würde und Individualität: Respekt vor dem Lebewesen steht an erster Stelle
  • Demeter Kühe und Ziegen werden nicht enthornt: Bedürfnisangepassste Ställe, aufmerksames Beobachten und eine vertrauensvolle Beziehung minimieren das Verletzungsrisiko

Sieben Gründe, warum eine Kuh Hörner braucht:

  • Kommunikation innerhalb der Herde – die Stellung der Hörner zur Körperhaltung anderer Kühe helfen deren Stimmung und Absichten erkennen.
  • Kühlrippe / Kühlorgan – über die Hörner reguliert die Kuh ihren Wärmehaushalt; ohne Hörner ist eine Kuh ständig etwas überhitzt.
  • der Hohlraum des Horns ist mit einer Nasennebenhöhle verbunden; das Gas und die Düfte, die in die Hörner strömen, vermitteln ihr Informationen darüber, wie sie den Speichel fürs Wiederkäuen bilden soll.
  • Hörner dienen dazu, im Kampf die Gegnerin zu halten und nicht abzurutschen.
  • Hörner werden zur Körperpflege genutzt – die Hornspitze kann auch einer Freundin zur Verfügung gestellt werden …
  • Wahrnehmungsorgan: Das Bett des Horns ist stark durchblutet und hochempfindlich. Die Kühe nehmen über ihre Hörner sehr viel wahr, Töne, kleinste Erschütterungen usw.
  • Regulation innen/aussen: Die Kuh reguliert durch die ständige Hornbildung ihren Innenraum und stellt darüber  ihr Gleichgewicht zwischen innen und aussen her. (nach Martin Ott)

Das Horn

Das Horn ist persönlicher Ausdruck der Kuh. Es verrät zum Beispiel, wieviele Male eine Kuh gekalbt hat – und vieles mehr. Copyright: Yool GmbH & Co. KG

Die Hörner der Kühe und Ziegen wachsen das ganze Leben lang. Sie werden nicht wie das Geweih der Hirsche jedes Jahr neu gebildet. Im Gegensatz zu den auch ständig wachsenden Klauen wird aber das Horn nicht abgenützt, sondern steht dem älter werdenden Tier immer grösser werdend zur Verfügung.

Das Hornwachstum der Kuh beginnt bei der Geburt ihres ersten Kalbes. Bei der braunen Kuhrasse ändert sich die Farbe des neu gebildeten Horns von Schwarz in der Jugendzeit über Weiss nach der Pubertät zu Bräunlich in der Mutterzeit. Die Anzahl der feinen Ringe in der näher beim Kopf liegenden bräunlichen Zone zeigen an, wieviele Male die Kuh bereits ein Kalb geboren hat. Acht Kerben im Horn bedeutet, die Kuh hat schon achtmal gekalbt und ist damit mindestens zehn Jahre alt. Die Hörner der rot gefleckten Kühe haben eher eine hellbraune Färbung. Trotzdem sind von Kuh zu Kuh auch die Einfärbung, die Dicke, die Form und die Drehung des Horns sehr verschieden. Jedes ist ein starker Ausdruck der individuellen Kuhpersönlichkeit. Der natürlich entstandene schöne Schwung nach oben ist stark rassenbedingt und kann durch Fütterung oder Umgebung beeinflusst werden.

Die Bedeutung des Horns für die Kuh

Kommunikation
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Die Kuh erlebt die Umge­bung in den Hörnern. Sie tastet sie ab und ist gleichzeitig seelisch gegen innen gerichtet. Mit dem eigenwarmen nervendurchzogenen Hornknochen nimmt die Kuh unter dem Schutz der isolierenden Horn­hautschicht genau so viel vom Aussenraum auf, wie für das innere Gleichge­wicht nötig ist. Da Kühe einen grossen Teil ihrer Kommunikation über die Haltung und Bewegung der Köpfe abwickeln, können grössere Hörner für die Verständigung von Vorteil sein. Kühe mit Hörnern können besser, schneller und mit mehr Distanz und Respekt miteinander kommunizieren als hornlose. Längere und ausdrucksvollere Hörner sind wie eine deutlichere, klarere und kräftigere Stimme und damit eine grosse Hilfe in der Bildung der eigenen persönlichen Würde und beim Aufbau eines Respektraumes im sozialen Gravitationsfeld der Herde.

Verdauung

Hörner und der darunterliegende knöcherne Hornzapfen sind Wesensmerkmal der Rinder als Wiederkäuer. Diese sind wunderbare Verdauungskünstler – sie wandeln mit ihrer ausgeklügelten Verdauung rein pflanzliches Material zu wertvollen Eiweissprodukten wie Milch und Fleisch um. Vier Mägen und ein langer Darm unterstützen sie dabei. Erstaunlicherweise wächst allen diesen Verdauungskünstlern Knochen aus dem Schädel. Denn mit den Wiederkäuern – und nur dort – tritt im Naturreich der Tiere die Bildung von Hörnern und Geweihen auf. Zoologisch werden diese auch Stirnbeinfortsätze genannt. Bei den Hornträgern wie dem Rind stülpt sich über den knöchernen Hornzapfen das lebenslang getragene Horn. Der Zusammenhang zwischen Hornbildung und Verdauung liegt nahe, auch wenn sein Hintergrund wissenschaftlich noch nicht eindeutig erklärt ist.

Hörner geben bessere Milch

Die Milchqualität ist ein Resultat vieler Faktoren. Eine wichtige Rolle spielen die Hörner und die Fütterung. Untersuchungen zeigen: Horntragende Kühe können hohe Temperaturen besser ausgleichen. Kombiniert mit reiner Heufütterung wirken sich Hörner positiv auf die Milchqualität aus. Für die Qualität der Milch scheint die einzelne Kuh als Individuum von grosser Bedeutung zu sein. Die biologisch-dynamische Landwirtschaft nimmt diesen Auftrag ernst.

Die Bedeutung des Horns für die biodynamische Landwirtschaft

In der biologisch-dynamischen Landwirtschaft haben die Hörner eine wichtige Funktion – nicht nur auf dem Kopf der lebenden Tiere. Hörner bilden die Hülle für das Hornmist- und das Hornkiesel-Präparat. |
Belebende Wirkung: Hornmist unter dem Mikroskop

Demeter-Umstellung: Kuh für Kuh zu mehr Hörnern

Auf einem Demeter-Hof, der vor nicht allzulanger Zeit entschieden hat, auf die biodynamische Landwirtschaft umzustellen, sind manchmal auch hornlose Kühe zu finden. Diese Umstellung ist bis ins kleinste Detail geregelt und wird streng kontrolliert. Von Anfang an müssen alle Richtlinien eingehalten werden. Auch diejenige, dass kein einziges Tier enthornt werden darf.

Sensibles Gleichgewicht innerhalb einer Herde

Umsteller*innen haben meistens bereits eine Herde Kühe, von denen einige unter Umständen keine Hörner mehr haben. Diese Kühe sollen auf dem Hof bleiben dürfen und müssen zum Zeitpunkt der Umstellung nicht geschlachtet oder verkauft werden. Denn eine Herde von Kühen ist in einem sensiblen Gleichgewicht – jede Veränderung hat Auswirkungen. Aber die Hörner jedes Kalbs, das auf dem Betrieb geboren wird, werden wachsen und jede Kuh, die neu dazukommt, muss behornt sein.

Links und Buchtipps

Hörner-Links

Buchtipps

  • Kühe verstehen von Martin Ott, Fona 2011
  • Von der Würde der Kuh (Aufsätze und Gespräche von Martin Ott, Armin Capaul, Christian Butscher u.a.)
  • Kuhhorn – die Würde der Kuh und di Grenzen der individuellen Landwirtschaft, David Hunziker, AT Verlag

 

Hornmilch-Produkte finden

Hier finden Sie Demeter-Milch und Milchprodukte von Tieren, die nicht enthornt werden: