Seit zwei Monaten ist Fredy’s erstes Demeter-Brot in ausgewählten Coop-Filialen zu finden. Ein Probelauf sozusagen, für den das Unternehmen viel investiert hat. Es soll nicht bei diesem ersten Demeter-Brot bleiben, da ist man sich bei Fredy’s einig. Dafür sind die Demeter-Qualitäten zu überzeugend. Fredy’s bietet eine breite Palette an Brotprodukten an. Die Bäckerei in Baden und Birmenstorf AG beschäftigt rund 130 Mitarbeiter*innen. Jährlich werden ca. 2,7 Millionen Kilo Mehl zu Teig verarbeitet. Seit zwei Monaten ist ein kleiner Teil davon in Demeter-Qualität.
Mit Peter Kasimow ist der erste Brotsommelier der Schweiz mit an Bord bei Fredy’s. Der Bäckermeister und Brotsommelier betreut vorwiegend Grosskunden, mit dem Schwergewicht, neue Produkte zu entwickeln und markttreif einzuführen. Peter Kasimow ist Mitglied der Geschäftsleitung und jahrelanger Weggefährte von Firmengründer Fredy Hiestand*.
Herr Kasimow, lassen Sie uns über Brot sprechen. Sie sind der der erste Geprüfte Brotsommelier der Schweiz. Was heisst das?
Das heisst, dass ich meinen Brotwelt-Horizont erweitert und in der Tiefe erforscht habe. Unbeschreiblich, wie viel Interessantes und Neues ich alter Hase dazulernen durfte! Zu erfahren, welche Bedeutung Brot seit tausenden von Jahren für die Menschheit hat und auch in Zukunft haben wird, war enorm spannend. Die Entstehung des Brotes und seine Geschichte, Brot in Religion und Brauchtum, Brot und Ernährung, Sensorik und vieles mehr! Auf den Punkt gebracht sind wir Brotsommeliers Botschafter, die für das Brot brennen und die Menschen für das wertvollste Nahrungsmittel begeistern wollen.
Sündenbock Brot?
Brot wird von den meisten Menschen heiss geliebt, vom gesundheitlichen Standpunkt aus wird vom Konsum oft abgeraten. Was sagen Sie dazu?
Es wird immer wieder Leute geben, die das Brot in der Ernährung schlecht reden oder sogar verteufeln. Mit Aussagen, dass Brot dick, dumm und krank mache, werden Verbraucher*innen verunsichert. Wer an Zöliakie leidet, das betrifft ca. 1% der Menschheit, reagiert allergisch auf das Getreideeiweiss Gluten. Ich behaupte, dass die restlichen 99% der Menschheit Brot ohne Probleme verzehren können. Brot ist nicht nur eine Sättigungsbeilage, sondern ein wertvolles Nahrungsmittel. Es enthält viele Vitamine, Ballast- und Mineralstoffe und diverse Spurenelemente wie Eisen, Zink, Kupfer etc.
Was ist für Sie das Geheimnis eines guten Brotes?
Eine gute und genussvolle Brotqualität hat etwas mit der Einstellung zu tun, sprich: Gutes Brot ist für uns Herzenssache. Das fängt mit den Rohstoffen an und hört erst dann auf, wenn das Brot oder Brötchen genussvoll und zufrieden gegessen ist. Regionale Zutaten wie zum Beispiel Mehl aus pestizidfreiem Anbau, täglich frisch vermahlenes Vollkornmehl von der hauseigenen Getreidemühle, die Beigabe von Weizenkeimen und der Verzicht auf chemisch hergestellte Zusatzstoffe kombiniert mit Herzblut und Fachwissen, gepaart mit Zeit und Geduld: Das ist unser kleines Geheimnis.
Damit Aroma und Geschmack sich entwickeln, braucht es Zeit
Warum backen Sie neu auch Brot in Demeter-Qualität?
Der Wunsch, Backwaren in Demeterqualität herzustellen, schlummerte bei Fredys schon lange. Mit der Marktöffnung des Demeter-Verbandes hatten wir endlich die Möglichkeit, die diversen Kundenanfragen vom Markt her anzugehen. Fredy’s unterstützt Nachhaltigkeit und biologisch-dynamischen Anbau tatkräftig. Schliesslich leben wir alle auf dem gleichen Planeten und sind mitverantwortlich, unseren Nachkommen die Zukunft zu sichern.
Was heisst Demeter für die Verarbeitungsprozesse?
Die Prozesse und Produktionsabläufe für Demeterbrote sind streng geregelt. Bevor nur das kleinste Krümelchen Brot produziert, geschweige verkauft werden kann, sind einige Hürden und Anforderungen zu erfüllen. Angefangen von den Rezepturen, Lieferanten, Lagerung der Rohstoffe, Produktion, Verpackung und Vertrieb müssen alle Einzelheiten der Demeterorganisation offengelegt werden. Erst nach der Erfüllung aller Vorgaben und einem Voraudit durch Demeter darf produziert werden. Solche Vorgaben sind für einen Betrieb, der auch konventionelle, IPS- und Bio-Knospenprodukte herstellt, mit viel Aufwand verbunden – vor allem hat dies mit der sauberen Trennung der Produkte der verschiedenen Labels zu tun. Voraussetzung für ein gutes Gelingen ist eine starke QS-Abteilung und eine flexible, gut organisierte Produktion. Ohne diese Faktoren ist es enorm schwierig, die Demeter-Richtlinien in allen Teilen zu erfüllen.
Backkunst ist gefragt
Was machen Sie anders bei einem Demeter-Brot?
Für unser Demeter-Brot verwenden wir Mehl aus schweizerischer biodynamischer Landwirtschaft und unjodiertes Meersalz ohne Rieselhilfe. Und natürlich müssen wir mit Bio-Mehlen umgehen können! Denn diese sind nicht standardisiert, sie verlangen vom Bäcker Erfahrung und Fingerspitzengefühl – echte Backkunst eben: Wie schmeckt das Mehl, bei welcher Temperatur soll der Teig «gehen»? Wie ist die Griffigkeit? Welche Art von Kneten tut ihm gut? Das ist herausfordernd und macht Spass! Der Backvorgang selbst unterscheidet sich jedoch nicht – bei uns bekommen alle Brote viel Zeit.
Wo findet man Fredy’s Demeter-Brot im Handel?
Mit Coop haben wir gemeinsam den ersten Schritt mit einem Demeter-Brot gewagt. Es ist ein Brot das aus Dinkel-, Roggen- und Weizenmehl zusammengesetzt ist. Nebst einer langen Teigführung kommt auch ein sogenannter Hebel/Vorteig, der über 20 Stunden vor sich hin reifen kann. Jedes einzelne Teigstück wird von Hand geformt und als krönender Abschluss im Holzofen gebacken. Ein Brot, das Alt und Jung begeistert, lange frisch bleibt und zu jeder Mahlzeit perfekt passt. Es ist vorerst in ausgewählten Testfilialen erhältlich.
Was überzeugt Sie am Label Demeter?
Privat bevorzuge ich hauptsächlich Produkte, die aus biologischem und biologisch-dynamischem Anbau stammen. Im Vordergrund steht für mich klar das Pflanzen- und Tierwohl. Es ist eine Herzensangelegenheit, für die ich mich stark machen und einsetzten will. Wieso mich das Demeter-Label überzeugt, ist einfach zu sagen: Es beinhaltet alle Bio Suisse-Richtlinien, übertrifft diese aber noch mit eigenen Standards. Entscheidend am Ganzen ist eine ehrliche und nachhaltige Produktion, in der das Tier- und Pflanzenwohl im Vordergrund steht. Es gibt leider genug erschreckende Beispiele davon, was geschieht, wenn ohne Richtlinien und Kontrollen Nahrungsmittel regelrecht auf den Markt geworfen werden.
Was könnte aus Ihrer Sicht verbessert werden?
Ich wünsche mir, dass Demeter marktoffener wird, ohne aber die Grundsätze zu schwächen.
Zurück zu dem Unternehmen Fredy’s. Ist es im Gleichgewicht? Fehlt ihm etwas?
Bevor das ganze mit dem Coronavirus angefangen hatte, waren wir in einem guten Flow. Wir konnten mit unserer Qualität und Dienstleistungen unsere Kunden glücklich und zufrieden machen. Der Einbruch der Gastronomie und Hotellerie hat uns aber auch, wie viele ähnlich gelagerte Unternehmen, stark durchgerüttelt. Was wir aber erfreulicherweise festgestellt haben, ist die erhöhte Nachfrage nach regional erzeugten Backwaren aus nachhaltigem Anbau. Gut möglich, dass in Zukunft die Konsument*innen mehr Wert legen auf Produkte, die so produziert werden. Wenn das so bleibt und sich weiter entwickelt, hätte diese Corona-Pandemie auch ein wenig ihr Gutes.
Ob uns etwas fehlt? Wünschen würde ich mir, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher, vorgelagert aber auch die Einkäufer*innen, das Verständnis aufbringen, dass Qualität und Nachhaltigkeit etwas mehr kosten dürfen und müssen. Das ist reine Überzeugungsarbeit, die irgendwann auch Früchte tragen wird.
Zum Schluss haben Sie einen Wunsch frei.
Wünschen ist immer etwas Schönes. Ich wünschte mir, dass unser schönes Bäckerhandwerk auch in Zukunft seine Daseinsberechtigung hat. Mich machen die jährlichen Rückgänge bei den Lehrlingen und Handwerksbetrieben nachdenklich. Das einzige, was jährlich steigt, sind die Tonnen von importierten Backwaren aus dem Ausland in die Schweiz. Und auch das ist mehr als unerfreulich für unser Handwerk. Diese Umstände haben mich auch bewogen, alles, was im Rahmen meiner Möglichkeiten steht zu unternehmen, um der Wertschätzung von Schweizer Brot und dem Bäckerhandwerk mehr Gewicht zu verleihen. Auch dies ist für mich Herzenssache.
Wir danken Peter Kasimow für das engagierte Gespräch und wünschen dem Unternehmen den gewünschten Erfolg.
Zur Website von Fredy’s
*Über den Firmengründer Fredy Hiestand
Vor mehr als 50 Jahren hatte niemand eine Vorstellung davon, was die Erfindung des Tiefkühlgipfelis alles bewirken würde. Aber vermutlich hat Firmengründer Fredy Hiestand 1967 mit der Demokratisierung des «Gipfeli» jene Revolution eingeleitet, die ein Jahr später die Erde auf den Kopf stellen sollte.
So ganz passte dem Erneuerer sein Zuname «Gipfelikönig» aber nicht. Er erklärte seine erste Erfolgsgeschichte kurzerhand zur Geschichte, verkaufte das Unternehmen und gründete 2003 Fredy’s. Fortan verschrieb er sich der Förderung des genussvoll vitalen Brotkonsums. «Vollwertig» bekam einen hohen Stellenwert. Die neue Königsdisziplin war eröffnet: Wie immer sollten alle von vollwertigerem Brot profitieren können. Eine Frage des Bewusstseins, der Ausprobierens und des Vertriebs.
Seine Geschichte ist in Buchform nachzulesen.
Zum Buch über Fredy Hiestand