4. Dezember 2019 | Die Tobi Seeobst AG mit Hauptsitz in Bischofszell und Standorten in Egnach und Güttingen ist seit 2008 einer der führenden Partner im Handel von Kernobst, Beeren und Steinobst aus Schweizer Produktion. Das Unternehmen bildet die Drehscheibe zwischen Produzent*innen und Grosshandel. Zum Kerngeschäft gehören die Lagerung, das Sortieren, das Verpacken und der Verkauf. 170 Mitarbeitende sorgen dafür, dass knackige Äpfel nicht nur im Herbst, sondern auch im Frühling im Handel erhältlich sind. Seit 2016 gehört dazu auch Demeter-Obst.

Andreas Brüllhardt, Verantwortlicher fürs Bio-Segment und Mitglied der Geschäftsleitung der Tobi Seeobst AG: «Der Apfel die allererste Superfrucht, aber weil er für uns so selbstverständlich ist, geht dieser Aspekt schon fast etwas vergessen.»

Die Fragen unseres Interviews beantwortet Andreas Brüllhardt, Verantwortlicher fürs Bio-Segment und Mitglied der Geschäftsleitung.

Herr Brüllhardt, was ist bei Tobi Seeobst AG Demeter?

Bei uns ist es – leider – nur der Apfel sowie sehr kleine Mengen von Birnen, die wir aktuell in Demeter-Qualität anbieten können und für die wir auch Produzent*innen gefunden haben. Aber wir hoffen natürlich, dass das Angebot in Zukunft breiter wird, denn die Nachfrage ist da.

Was heisst Demeter für die Verarbeitungsprozesse? Was tun Sie, damit die biodynamische Qualität erhalten bleibt?

Grundsätzlich ist es so, dass wir Tafelfrüchte anbieten, was heisst, dass wir die Früchte unverändert und natürlich belassen. Wie wir den Apfel lagern, sortieren und abpacken, ist demeter-konform. Besonders schonend ist bei uns die Sortierung: Die Äpfel schwimmen im Wasserbad, damit sie möglichst keine Druckstellen durch unsanfte Zusammenstösse bekommen.

Bei der Apfelsortierung verläuft alles in geregelten Bahnen

Aber wir haben natürlich Auflagen von Seiten Demeter. Unsere Apfelsortieranlage kann mittlerweile die Früchte mit einer starken Lichtquelle durchleuchten und so innere Schäden aussortieren. Diese Technik dürfen wir beim Demeterapfel nicht anwenden. Da innere Fruchtschäden von Auge natürlich nicht sichtbar sind, kann es vorkommen, dass diese ohne Technik unentdeckt bleiben. Hier unterscheidet sich Demeter ganz klar von konventionellen und Knospe-Anforderungen.

Was überzeugt Sie am Label Demeter?

Was mich im Verkauf an der Demeter-Geschichte am meisten überzeugt, ist die Bekanntheit der Marke. Mittlerweile ist Demeter im Bereich der Früchte das wertvollste Label – und dies weltweit. Das muss man erst mal schaffen.

Was ist problematisch, könnte aus Ihrer Sicht verbessert werden?

Die grösste Herausforderung des Demeter-Apfels ist sicher das Optische. Er wird sich nicht immer perfekt präsentieren, denn er darf Fehler haben. Für den Demeter-Apfel heisst das, dass er innerhalb einer grossen Konkurrenz visuell etwas weniger attraktiv daherkommen könnte. Das ist insofern problematisch, als wir ja vor allem über den Grossverteiler vermarkten, und hier muss sich der Apfel selbst verkaufen. Da ist niemand, der den Kund*innen wie ein Marktfahrer erklärt: „Dieser Apfel sieht zwar nicht perfekt aus, aber den musst du unbedingt probieren, der ist super!“ Dafür braucht es von deren Seite ein Bewusstsein dafür, dass ein Demeter-Apfel etwas anders aussieht. Und da wir alle heute mit dem Auge einkaufen, ist vermutlich eine gute Kommunikation rund um den Demeter-Apfelauftritt im Grossverteiler gefragt.

Das Ganze ist nicht ganz einfach, weil bei Umfragen zwar angegeben wird, ein Apfel müsse nicht perfekt aussehen, sondern gut schmecken. Aber wenn Sie am Ende des Tages nachschauen gehen, welche Äpfel liegengeblieben sind, dann sind es eben doch die mit den kleinen Fehlern. Das ist für alle Beteiligten eine Herausforderung. Unsere Aufgabe ist es, sowohl mit den Produzenten an einem optisch möglichst ansprechenden Apfel zu arbeiten, als auch den Kunden klarzumachen, dass der Demeter-Apfel ein Obst ist, das anders daherkommt. Aktuell arbeiten wir an einer zweiten Qualitätsklasse beim Demeter-Obst unter dem Titel „die perfekten Unperfekten“.

Wird das wachsende Bewusstsein in Bezug Ernährung und Nahrungsmittelqualität für Ihren Betrieb spürbar? Wie?

«perfekt unperfekt» – Demeter-Obst zweiter Qualitätsklasse in Bezug auf äussere Werte

Der Konsument will ein Produkt, das auf der ganzen Linie stimmt. Diesen Trend spüren wir als Firma ganz stark, im positiven Sinn. Innerhalb des Trends zur gesunden Ernährung nehmen Früchte eine Spitzenposition ein. Ich persönlich behaupte, dass der Apfel die allererste Superfrucht ist. Aber weil er für uns so selbstverständlich ist, geht dieser Aspekt schon fast etwas vergessen. Absolut im Trend sind auch die Beeren und vor allem die Bio Beeren werden sehr stark nachgefragt. Aber die Früchte müssen ansprechend aussehen und vor allem frisch sein.

Was würden Sie antworten auf den Vorwurf, Ihre Demeter-Äpfel seien zu teuer?

Das bekommen wir selbst nie direkt zu hören, dafür sind wir zu weit von den Konsument*innen entfernt. Bei Demeter-Äpfeln ist der Preis im Moment kein Thema. Wir kennen das Problem aber schon, da wir ja fast ausschliesslich mit Schweizer Früchten arbeiten, und die sind in der Regel teurer als ausländische. Heute gibt ein Haushalt prozentual viel weniger Geld für Nahrungsmittel aus als früher. In diesem Zusammenhang müsste die Preisfrage vielleicht neu gestellt werden.

Was interessiert Sie persönlich daran, in diesem Betrieb mit seinen anspruchsvollen Produkten zu arbeiten?

Dank meiner Funktion innerhalb dieses Betriebs, kann ich mich sehr vielfältig einbringen. Das macht riesig Freude, auch wenn es sicher immer wieder grosse Herausforderungen sind, die wir in Angriff nehmen dürfen. Aber genau das macht Spass. Es ist sehr dynamisch bei uns, wir dürfen immer wieder neue Dinge ausprobieren. Früher waren wir auf den Apfel fokussiert – heute haben wir eine enorme Produktepalette. Das macht die Arbeit sehr interessant. Für mich spannend ist auch die Entwicklung von Bio im Grossverteiler. Als in den 90er-Jahren die ersten Bio-Äpfel gehandelt wurden, wurden wir wegen den Kleinstmengen noch belächelt. Aber wir haben Betriebe zum Umstellen motiviert und sind gemeinsam gewachsen. Heute zeigt sich, dass die Weitsicht unseres damaligen Geschäftsführers vollkommen richtig war.

Aber genauso wichtig wie die Produkte sind für mich die Menschen: Wir haben ein grossartiges Team, in dem zu arbeiten ein „Dürfen“ ist und nicht ein „Müssen“.

Ist das Unternehmen Ihrer Ansicht nach im Gleichgewicht? Fehlt ihm etwas?

Rund 450 Produzenten erzeugen auf über 1400 ha Kulturfläche und unzähligen Hochstämmen hochwertiges Kern-, Stein- und Beerenobst für Tobi Seeobst AG. Demeter macht davon bisher nur einen kleinen Anteil aus.

Beim Apfel verschiebt sich der Absatz im Moment leicht von konventionell zu biologisch. Wir verzeichnen generell bei Bio ein Wachstum. Hier macht zwar der Demeter-Apfel noch einen kleinen Anteil aus, aber auch der ist stark wachsend. Wir haben ganz einfach zu wenig davon.

Die Frage lässt mich schmunzeln. Ja, je länger ich darüber nachdenke: Wir sind als Tobi-Seeobst AG sehr gut im Gleichgewicht. Das ist in unserer Position unerlässlich: Wir befinden uns in der Wertschöpfungskette genau zwischen den Produzent*innen und dem Grossabnehmer. Wir sind wie eine Drehscheibe, die lagert, aufbereitet und im richtigen Moment liefert. Wir müssen das Produkt anbieten – aus Sicht des Abnehmers zu einem möglichst günstigen Preis; aber wir kaufen ja das Produkt auch dem Bauern ab, und der möchte den bestmöglichen Preis dafür. Genau darum ist von uns gefordert, dass wir eine sehr gute Balance finden: Verkaufen wir zu Schleuderpreisen und bezahlen schlechte Preise, haben wir in Kürze keine Produzent*innen mehr, die uns liefern wollen. Und umgekehrt, wenn wir zu hohe Preise zahlen und zu viel dafür verlangen, sind wir nicht marktkonform und in Kürze will niemand mehr unser Obst haben. Wir müssen attraktiv sein vorne, als Anbieter, genauso wie als Abnehmer, damit wir von unseren Bäuerinnen und Bauern gepflegtes Obst bekommen. Der Unternehmenserfolg baut darauf, dass wir erfolgreiche Beziehungen auf beide Seiten pflegen. Und dass alle Beteiligten wachsen und sich nachhaltig entwickeln konnten, ist ein Indiz dafür, dass wir das Gleichgewicht immer wieder finden.

Zum Schluss haben Sie einen Wunsch frei.

Als Firma wünschen wir uns, dass wir auch in Zukunft die richtigen Entdeckungen zur richtigen Zeit machen können, dass wir das richtige Gespür haben dafür, wohin die Reise geht. Mein grösster Wunsch ist, dass uns dies weiterhin gelingt.

Vielen Dank, Herr Brüllhardt, dass Sie unsere Fragen beantwortet haben. Wir wünschen Ihnen und dem ganzen Tobi-Team weiterhin ein gutes Gespür und eine fröhliche Weihnachtszeit.

 

Website: www.tobi-fruechte.ch