Die Mitglieder des Vereins für biologisch-dynamische Landwirtschaft setzten sich an der Hauptversammlung  vom 3. Juli 2022 zum Ziel, dass bis 2030 alle biodynamischen Kälber mindestens 120 Tage auf dem Geburtsbetrieb oder einem biologisch-dynamischen Partnerbetrieb bleiben und erst mit erstarktem Immunsystem auf einen Mast- oder Aufzuchtbetrieb versetzt werden können. Der Weg dahin wurde in den Richtlinien verankert. 

Ausgangslage

Alle auf einem biologisch-dynamischen Betrieb geborenen Kälber werden mindestens 120 Tage auf einem biologisch-dynamischen Betrieb abgetränkt (Bild: Pascal Mora)
Alle auf einem biologisch-dynamischen Betrieb geborenen Kälber werden mindestens 120 Tage auf einem biologisch-dynamischen Betrieb abgetränkt (Bild: Pascal Mora)

Milchwirtschaftsbetriebe dürfen gemäss Branchenvereinbarung ihre Kälber mit 21 Tagen an einen Aufzucht- oder Mastbetrieb verkaufen. Auch viele biologisch-dynamisch geborene Kälber, die nicht für die Nachzucht geeignet sind, kommen auf konventionelle Mastbetriebe und verlassen damit die biologische Wertschöpfungskette. Problematisch dabei ist, dass ihr Immunsystem noch nicht entwickelt ist und die Haltung in gemischten Gruppen aus verschiedenen Betrieben oft den Einsatz von Antibiotika erfordert.

Demeter-Produzent*innen gehen voraus und übernehmen Verantwortung

Damit soll jetzt Schluss sein. Was einige biodynamische Produzent*innen schon seit langem praktizieren, wird nach einer gestaffelten Umsetzung bis 2030 für alle gelten: Alle auf einem biologisch-dynamischen Betrieb geborenen Kälber werden auf einem biologisch-dynamischen Betrieb abgetränkt. Sie dürfen frühestens mit 120 Tagen, wenn sie keine Milch mehr brauchen und ihr Immunsystem erstarkt ist, auf einen Mast- oder Aufzuchtbetrieb verschoben werden. Damit wird der Einsatz von Antibiotika weitgehend überflüssig, ein Gewinn für Mensch und Tier. Im Gegensatz zu anderen Programmen auf dem Markt, die auf Freiwilligkeit basieren, gilt das für alle biodynamischen Produzent*innen. Dieser mutige Entscheid setzt neue Massstäbe im Umgang mit Kälbern von Milchkühen.

Diese weitreichende Änderung braucht Zeit

Eine der Herausforderungen für die Produzent*innen ist wirtschaftlicher Art: Einen Teil der Demeter-Milch, die bisher verkauft werden konnte, trinken nun die Kälber. Weiter muss die Zucht der Milchkühe in Richtung von Zweinutzungstieren angepasst werden, damit eine hohe Fleischqualität erreicht wird, was neu in den Richtlinien festgehalten ist. Ein weiteres Thema ist die Platzfrage, da die Kälber länger auf dem Betrieb bleiben. Um allen Betrieben Zeit für die nötigen Anpassungen zu geben, treten die neuen Richtlinien gestaffelt in Kraft. Ab 1.1.2024 müssen 30% der Kälber auf dem Geburts- oder Partnerbetrieb abgetränkt werden. Ab 1.1.2025 wird der Anteil jährlich um 10% erhöht, bis Ende 2030 100 Prozent erreicht sind.

Auch Handel und Konsument*innen sind gefordert

Der Entscheid der biodynamischen Produzent*innen ist ein grosser Schritt Richtung nachhaltige Milch- und Fleischwirtschaft. Gefordert sind nun auch Handel und Konsument*innen, denn die Nachfrage entscheidet letztlich über das Gelingen.