die grüne – 24. März 2022 | text & bild Michael Götz

Tierhaltung: Bei der Abwärme besteht Potenzial

Eine Energieberatung auf dem Hof Wagenburg in Aathal ZH zeigt auf, welche Möglichkeiten es gibt, Energie zu sparen oder durch erneuerbare zu ersetzen. Die Massnahmen müssen aber auch wirtschaftlich sein.

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Zu einer nachhaltigen Landwirtschaft gehört ein sorgsamer Umgang mit der Energie. «Wir wollen keine Energie verschleudern», sagt Simon Schmutz, Leiter des Demeter-Hofes Wagenburg. Denn ein unüberlegter Energieverbrauch ist weder wirtschaftlich noch klimafreundlich.

Der Hof Wagenburg befindet sich in Aathal beim Pfäffikersee und gehört zu den Einrichtungen des Vereins Zürcher Eingliederung. Ziel ist es, geistig behinderten Menschen eine Arbeit zu bieten, in der sie Sinn sehen und die ihnen Freude macht.

Entsprechend ist der Betrieb sehr vielfältig und so organisiert, dass die betreuten Menschen mitarbeiten können. Hauptstandbein des Betriebes ist die Milchwirtschaft mit 40 Original Braunvieh Kühen.

Die Milch mit kaltem Wasser vorkühlen

Simon Schmutz und Pascal Schneider, Leiter der landwirtschaftlichen Einrichtungen des Vereins, haben Thomas Keel für eine Energieberatung angefragt. Er ist Energieberater der Laveba Genossenschaft in St. Gallen, dem ehemaligen LV-St. Gallen.

Nach einer Bestandesaufnahme zeigt er auf einem Betriebs-Rundgang, wo er Möglichkeiten sieht, Energie zu sparen oder klimafreundliche Energie zu nutzen. Im Milchzimmer befindet sich ein Tank für 2100 Liter Milch, die dort mittels einer Kältemaschine gekühlt wird. Diese Kühlung von etwa 32 Grad auf etwa 4 Grad benötigt viel Strom.

Keel empfiehlt, die Milch mit dem Tränkewasser auf etwa 18 Grad zu kühlen, bevor die Milch in den Milchtank kommt. Durch diese «Vorkühlung» lasse sich der Milch schon die Hälfte der überschüssigen Wärme entziehen. «Damit spart man die Hälfte der Abkühlungsenergie», folgert Keel.

Das erwärmte Wasser lässt sich in das Tränkebecken der Kühe leiten mit dem Vorteil, dass im Winter die Kühe auch temperiertes Wasser trinken können.

Bei einem Melkroboter funktioniert die Milchkühlung einfacher als bei einem Melkstand, da bei ersterem die Milch kontinuierlich anfällt. Bei einem Melkstand braucht es zur Kühlung ein Tränkewasser-Reservoir.

Das Boilerwasser mit Abwärme vorwärmen

Das Kühlaggregat ist an der Aussenwand des Milchzimmers angebracht, so dass es die Wärme, die bei der Abkühlung entsteht, an die Aussenluft abgibt. Diese Abwärme liesse sich zum Vorwärmen des Boilerwassers verwenden.

Damit lässt sich das Wasser zwar nicht auf die 70 Grad bis 80 Grad erhitzen, die für das Reinigen der Melkanlage nötig sind, aber es lässt sich damit auf ca. 50 Grad vorwärmen. Der Energiespareffekt für die Heisswasseraufbereitung liegt zwischen 50 Prozent und 70 Prozent. «Wäre ein Durchlauferhitzer eine Möglichkeit, Energie zu sparen?», fragt der Betriebsleiter.

Der Berater relativiert dies. Der Durchlauferhitzer ist nur deswegen etwas effizienter, weil es keine Speicherverluste wie im Boiler gibt. Im Boiler könnte man allerdings das Warmwasser tagsüber mit Strom einer Photovoltaikanlage erwärmen.

Auf dem Dach des Milchzimmers befindet sich eine 12 m 2 grosse thermische Solaranlage, in welchem das Wasser zur Erwärmung des Boilers vorgewärmt wird. Damit lässt sich allerdings nur dann Heizenergie sparen, wenn Sonne auf die Kollektoren scheint.

Auch Kleinvieh macht Mist

Kleine Energieverluste fallen oft nicht auf, aber sie addieren sich. Die Kühe auf Hof Wagenburg werden in einem 2 × 3-Tandem-Melkstand gemolken. Zum Öffnen der Melkstandgitter ist Druckluft nötig. Der Kompressor schaltet sich tagsüber immer wieder ein, da die Druckluft-Installation Luft verliert. Es lohnt sich, Undichtheiten rasch zu reparieren, rät Keel, denn sonst muss der Kompressor mehr arbeiten.

Auch sollte der Solldruck am Kompressor so tief wie möglich eingestellt sein. Um ein Einschalten des Kompressors ausserhalb der Melkzeiten zu vermeiden, schaltet man den Kompressor am besten ab oder schliesst die Luftleitung mittels Ventil, empfiehlt Keel.

Auch der Frostschutz des Tränkesystems im offenen Freilaufstall benötigt Energie. Der Landwirt wärmt das Tränkewasser bei Lufttemperaturen unter 3 Grad mit einem Durchlauferhitzer. Doch dort, wo die Leitung nicht mehr in der Erde ist, gefriert das Wasser bei tiefen Temperaturen trotzdem, vor allem in der Nacht, wenn die Kühe längere Zeit nicht trinken. Hier hilft nur eine gute Isolation mit einer Hülle, zum Beispiel aus Aluminium oder Holz, um diese vor einer Beschädigung durch die Tiere zu schützen.

«Ein laufender Brunnen ist immer noch das beste», bemerkt Keel. Doch dazu ist viel frisches Wasser nötig.

Über dem Fressplatz der Kühe verwendet Schmutz für die Beleuchtung althergebrachte FL-Röhren. Keel empfiehlt, diese durch LED-Retrofitröhren zu ersetzen. Gute LED-Röhren kosten um die 20 Franken, während herkömmliche Leuchtstoffröhren für fünf bis zehn Franken zu haben sind. Der geringere Stromverbrauch und die längere Lebensdauer machen die LED-Lampen jedoch rentabler. Eine Faustregel besagt, dass sich ein Auswechseln bestehender Röhren dann lohnt, wenn die Lampen mehr als vier Stunden am Tag in Betrieb sind.

Eine Warmbelüftung dank Unterdach

Auf dem Betrieb kommt der Heubelüftung eine besondere Bedeutung zu, da er silofrei ist und die Qualität von Heu und Emd umso wichtiger ist. Um das Heu auf dem 1900 m 3 fassenden Heustock trocknen zu können, braucht es eine starke Heubelüftung.

Der Landwirt verzichtet auf eine Heizung zur Lufterwärmung und verwendet stattdessen ein Warmdach. Im Hohlraum zwischen Dachhaut und Unterdach wird die Luft über die Sonnenbestrahlung erwärmt und dann in den Heustock geblasen. «Diese Heubelüftung bringt unheimlich viel Feuchtigkeit heraus», lobt Simon Schmutz.

Wichtig seien die Feuchtefühler der Aussenluft, damit nur dann belüftet wird, wenn die Luft Feuchtigkeit aufnehmen kann. «Auf die Feuchtefühler kommt es an. Sie müssen staubfrei sein und regelmässig kontrolliert und wenn nötig ersetzt werden.» Deswegen bewahrt der Landwirt die empfindlichen Fühler im Winter an einem frostsicheren und staubfreien Platz auf.

Photovoltaik fürs grosse Scheunendach oder Biogasanlage?

Das grosse Scheunendach eignet sich gut für eine Photovoltaikanlage. Es wäre gut möglich, diese auf dem Warmdach zu installieren, führt der Energieberater aus. Da sich die Luft unter den Modulen stärker erwärmt als unter dem Eternitdach und die PV-Module zwingend hinterlüftet werden müssen, zieht man die Luft zum Trocknen unter den Modulen ab. Es brauche dafür nur ein paar Anpassungen am bestehenden Dach.

Eine andere klimafreundliche Heutrocknung könnte ein Holzpellet-Ofen sein. Da solche Öfen im Sommer vom Event-Gewerbe kaum gebraucht werden, lassen sie sich während dem Sommer günstig mieten.

Eine weitere Option für den Hof ist der Bau einer Biogasanlage. Auf dem Betrieb fallen pro Jahr ca. 4000 t Mist und Rüstabfälle an. Für Mengen ab 1000 t pro Jahr gibt es Kleinbiogas-, sogenannte Garagenanlagen. Das Gas könnte verstromt und mit der Restwärme könnte das Wohnheim vollumfänglich mit Wärme versorgt werden. Ein Hindernis für den Bau einer Biogasanlage ist, dass Biogasanlagen nicht zu Demeter-Betrieben passen, da diese eine aerobe Verrottung von Mist und Gülle anstreben.

Auch der Bau einer Kleinwind-anlage wäre denkbar. «Die Windsituation ist nicht top, aber auch nicht hoffnungslos», fasst Keel zusammen. Da der Hof im Landschaftsschutzgebiet Pfäffikersee liegt, lassen sich Windräder aber ausschliessen.

Für die Mobilität empfiehlt der Energieberater, kontinuierlich auf Elektrofahrzeuge umzustellen. «Die Zukunft der Mobilität ist klar elektrisch.» Aus Sicht des Betriebsleiters ist allerdings das Recycling der Akkus noch ungelöst.

Viel Potenzial bei der Abwärme des Hofs

Für Betriebsleiter Schmutz steht die Nutzung der Abwärme im Vordergrund. Diese fällt nicht nur bei der Milchkühlung an, sondern auch bei den vier Kühllagern für Fleisch und Gemüse. Mit der Abwärme liesse sich das Brauchwasser und das Heizungswasser nicht nur auf dem Landwirtschaftsbetrieb, sondern auch im angegliederten Wohnheim für 15 Personen vorwärmen und sich der Holzverbrauch der Stückgut-Heizanlage reduzieren. Das Holz selbst muss nämlich zum Teil zugekauft werden.

Wie der Hof Wagenburg sich schliesslich energietechnisch ausrichten möchte, ist noch offen. Fest steht, dass die Verantwortlichen einen Beitrag zum sorgsamen Umgang mit der Energie leisten möchten. «Ich möchte Vorbild für meine Lehrlinge sein», sagt Schmutz. Er will bei ihnen das Interesse für einen energiesparenden und klimafreundlichen Umgang mit der Energie wecken.

Nicht zuletzt möchte er aber auch den Kunden des Hofladens zeigen, dass ein Demeter Betrieb Wert auf eine nachhaltige Nutzung der Energie legt: «Unsere Kunden erwarten dies von uns.»

Für Pascal Schneider ist es wichtig, Lösungen zu finden, die nicht nur die Ansprüche der Landwirtschaft, sondern auch die Bedürfnisse des Heimes in die Energieplanung mit einbeziehen. «Der Klimaschutz steht vorne», betont er. Doch die Investitionen müssen auch wirtschaftlich verkraftbar ein. «Wir sind auf dem Weg. Wir bemühen uns», ergänzt Schmutz.

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