Das Schwandgut bei Münsingen war lange im Besitz verschiedener Patrizierfamilien des Berner Ancien Régime. Im Jahre 1913 verkaufte Friedrich Emanuel Rudolf von Erlach das Gut an den Kanton Bern. Der Kanton wollte auf dem Schwand eine Landwirtschafts- und Haushaltungsschule einrichten. Der Hof umfasste bereits damals ein stattliches Ausmass, mit Wohnhaus, Pächterhaus, Angestelltenhaus, einer Milchviehscheune und 45,5 Hektaren Kulturland. Die landwirtschaftliche Schule bot während vieler Jahre den Bäuerinnen und Bauern einen fundierten theoretischen Unterricht der guten landwirtschaftlichen Praxis. 2005 beschloss der Kanton Bern, den Schwand als landwirtschaftliche Schule zu schliessen.

2009 wurden die Gebäude im Baurecht und die mittlerweile rund 53 Hektaren Kulturland als Pacht mit 50 Jahren Laufzeit an die Familien Annemarie und Hans sowie Tanja und Urs Siegenthaler übergeben. Die Siegenthalers stellten den Betrieb auf die biologische Bewirtschaftung um. Auf den 1. Januar 2016 hat mit Tanja und Urs Siegenthaler die jüngere Generation die Verantwortung für den landwirtschaftlichen Betrieb auf dem Schwand übernommen und bewirtschaften nun, zusammen mit dem Betrieb in Ueberstorf FR, insgesamt 70 Hektaren landwirtschaftliche Fläche. Tanja und Urs Siegenthaler halten 75 Kühe und 50 Aufzuchtrinder sowie 55 Mutterschweine. Auf 50 Hektaren Ackerfläche bauen sie Kartoffeln, Rüebli, Mais, Getreide und Kleegras an, die übrige Fläche sind Naturwiesen.

Die Eltern, Annemarie und Hans Siegenthaler, bewirtschafteten von 1978 bis 2009 einen Pachtbetrieb in Oberwangen BE biologisch-dynamisch. Für Urs Siegenthaler war schon als kleiner Junge klar, dass er den Beruf des Landwirts erlernen wollte. Mit den Praktiken der biologisch-dynamischen Landwirtschaft bereits früh vertraut, war er sich auch sicher, dass es der richtige Weg ist, Landwirtschaft biologisch zu betreiben. Schon am Ende seiner Lehrzeit kam Urs Siegenthaler mit dem Schwand in Kontakt. Nach den beiden Lehrjahren kam er für seine Lehrabschlussprüfung auf den Schwand. Nach einem Welschlandaufenthalt und einer Saison bei einem Lohnunternehmer absolvierte er die landwirtschaftliche Fachschule am Inforama Rütti in Zollikofen. Nach seinem Studienabschluss als Ing. Agr. HTL wurde Urs Siegenthaler Lehrer an der Landwirtschaftlichen Schule Schwand und vermittelte den jungen Bäuerinnen und Bauern die Grundlagen des Pflanzenbaus und Ackerbaus, der Ökologie und des Biolandbaus. Ab 2006 wirkte er als Lehrer derselben Fächer an der Bio-Schule Schwand. Tanja und Urs Siegenthaler lernten sich auf dem Schwand kennen und haben hier 2004 auch ihr Hochzeitsfest gefeiert.

“Immer wieder kam ich in meinem privaten und beruflichen Leben mit dem Schwand in Berührung. Immer schaute ich mit grosser Ehrfurcht zum Landwirtschaftsbetrieb, habe mir aber nie im Traum gedacht, dass ich einmal für diesen Betrieb die Verantwortung übernehmen könnte“, schildert Urs Siegenthaler seinen Werdegang vom Kandidaten der Lehrlingsprüfung bis zum Betriebsleiter des Schwandguts. Dazwischen liegen natürlich einige Jahre praktische Tätigkeit als Landwirt sowie Erfahrungen mit den jungen Lernenden der .Bio-Schule Schwand.“ Siegenthaler war immer der Vertreter der Biolandwirtschaft im Unterricht, schon vor der Zeit der Bio-Schule Schwand, an der er heute noch unterrichtet. „Mir war schon immer klar, dass die konventionelle Landwirtschaft in eine Sackgasse führt“, hält er fest. Das war auch seine Motivation, sein Anliegen der guten landwirtschaftlichen Praxis ‒ und das ist für ihn der Biolandbau ‒ an die Lernenden weiterzugeben. Natürlich waren nicht immer alle begeistert von seiner Haltung und seinen Aussagen. „Auf Angriffe gegen den Biolandbau aus der Klasse hatte ich aus meiner Erfahrung immer genug Argumente. Meistens entstand daraus ein gutes Gespräch.“

Nicht nur auf dem elterlichen Betrieb und im Schulunterricht engagierte sich Urs Siegenthaler für den Biolandbau, sondern auch bei Bio Suisse in der Bildungskommission. Es war die Zeit, als der Biolandbau um jedes bisschen Akzeptanz kämpfen musste und die Verantwortlichen der landwirtschaftlichen Ausbildung den Biolandbau gar nicht wahrnehmen wollten. „Das waren intensive Auseinandersetzungen. Und die biologische Landwirtschaft hat leider noch heute nicht den Stellenwert in der Ausbildung, der ihr zusteht“, so Siegenthaler. Die biologisch-dynamische Landwirtschaft ist für Urs Siegenthaler als Option der Betriebsführung nie erloschen. Die Bewirtschaftung nach der biologisch-dynamischen Methode verlange eine neue Ausrichtung des Betriebs. So werde die Intensität der Milchviehhaltung angepasst und der bisherige Anbindestall zu einem Laufstall umgebaut.

Der Besuch des Einführungskurses in Rheinau ergab einen sehr guten Austausch mit den Bäuerinnen und Bauern im Kurs und auch mit Martin Ott, der den Kurs durchführt. „Für die Präparatearbeit muss ich mich noch auf die regionale Arbeitsgruppe abstützen, da ich wenig Erfahrung habe, die Präparate in der geforderten Menge herzustellen.“ Weil die Arbeitskräfte auf dem Familienbetrieb knapp sind, denkt Urs Siegenthaler über eine effiziente Rühr- und Ausbringtechnik nach. „Das werden wir wohl maschinell machen., sagt er, .ich muss da noch pröbeln.“

Urs Siegenthaler will weiterhin Schule geben. So bleibt er mit dem Inforama und der Bioschule in Kontakt; es ist ihm wichtig, mit der Bioszene vernetzt zu bleiben. Neben dem Unterrichten kann er keine Direktvermarktung aufbauen. Also sind Siegenthalers mit ihren mehreren Tonnen Kartoffeln und Rüebli und einer Milchmenge um die 300’000 Liter auf grosse Abnehmer angewiesen.

Die Märkte für die Biolandwirtschaft sind mittlerweile ähnlich organisiert wie die konventionellen Märkte. Es gelten dieselben Handelsusanzen und die Grossabnehmer verlangen dieselbe äussere Qualität. Die Produzentinnen und Produzenten hängen, gerade bei den Mengen Kartoffeln und Rüebli, die wir produzieren, stark von den Handelsbetrieben ab, die den Markt beherrschen“, so Urs Siegenthaler. Er wünscht sich „mehr Mitsprache und Kontakt zu den Verarbeitungsbetrieben, damit ich mich als Produzent besser einbringen kann und den persönlichen Kontakt zu Verarbeitung und Handel wieder habe. Die Anfrage der Biomilk AG in Münsingen, die Milch in Demeter-Qualität sucht, kam mir da sehr gelegen.“

Durch die schlanke Organisation von Demeter Schweiz erhofft sich Siegenthaler mehr Flexibilität in der Vermarktung und mehr Kontakte in der Wertschöpfungskette. Er ist sich aber bewusst, dass die Marktpartner entlang der Kette noch einiges aufbauen müssen, um die zusätzlichen Mengen von Demeter-Produkten abzusetzen.

Die Demeter-Bewegung erhält durch die Initiative von Tanja und Urs Siegenthaler an einem geschichtsträchtigen Ort der Landwirtschaft mehr Beachtung.